Teilungsversteigerung in Trennungszeit

30. Januar 2023

Die Tei­lungs­ver­stei­ge­rung einer als Ehe­woh­nung ge­nutz­ten Im­mo­bi­lie ist in der Tren­nungs­zeit nicht ge­ne­rell un­zu­läs­sig. Es ist aber eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Die Ehe­woh­nung be­hält ihren räum­lich ge­schütz­ten Cha­rak­ter grund­sätz­lich bis zur Schei­dung. Die Interessen und schutz­wür­di­gen Be­lan­ge des tei­lungs­un­wil­li­gen Part­ners werden durch Ein­wen­dun­gen im Dritt­wi­der­spruchs­ver­fah­ren und durch die voll­stre­ckungs­schüt­zen­den Vor­schrif­ten ge­wahrt.

Ein getrenntlebendes Ehepaar stritt sich um die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung einer in ihrem jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Immobilie. Die Eheleute hatten das in zwei Wohnungseigentumseinheiten aufgeteilte Mehrfamilienhaus 2017 für 305.000 Euro gekauft. Eine Einheit wurde von dem Paar und seinen beiden Töchtern bewohnt. Die andere Einheit wurde in zwei Mietwohnungen unterteilt und danach vermietet. Die Immobilie wurde mit einem Kredit von 250.000 Euro finanziert, dessen monatliche Raten durch die Mieteinnahmen nicht vollständig gedeckt wurden. Beiden Partnern gehörte noch ein Ferienhaus im Ausland. Im Juni 2018 trennten sie sich. Die Ehefrau blieb mit den Kindern in der Ehewohnung, der Ehemann zog aus. Die Ehefrau bezog eine Erwerbsminderungsrente von 1.085 Euro, vereinnahmte die Mieten und trug die Kreditraten. Der Ehemann leistete keinen Kindes- beziehungsweise Trennungsunterhalt, bezog Sozialleistungen und betrieb die Teilungsversteigerung. Hiergegen wehrte sich die Ehefrau mit einem Drittwiderspruchsantrag.

Der Antrag der Frau scheiterte sowohl beim Amtsgericht als auch beim zuständigen Oberlandesgericht, da ihr kein die Teilungsversteigerung hinderndes Recht nach § 771 ZPO zustehe – weder aus § 1365 BGB (Verfügung über Vermögen im Ganzen) noch aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB (Verpflichtung zur ehelichen Fürsorge und Rücksichtnahme). Die Belange der die Ehewohnung nutzenden Ehegattin und der Kinder seien durch § 180 Abs. 2 und 3 ZVG (Abwägung widerstreitender Interessen und Einstellung bei Gefährdung des Kindeswohls) hinreichend geschützt. Das über drei Jahre andauernde Getrenntleben lege nahe, dem räumlich geschützten Bereich der offensichtlich gescheiterten Ehe und der „nachehelichen“ Solidarität keine durchgreifende Bedeutung mehr beizumessen. Dagegen legte die Antragstellerin Rechtsbeschwerde beim BGH ein – ohne Erfolg.

Der XII. Zivilsenat stimmte mit dem OLG überein, denn eine Teilungsversteigerung gegen den Willen des teilungsunwilligen Miteigentümer-Ehegatten in der Trennungszeit sei nicht stets ausgeschlossen. Dabei sei eine umfassende Interessenabwägung der getrenntlebenden Ehegatten maßgebend, die hier nach zutreffender Ansicht des OLG zuungunsten der Ehefrau ausfalle. Die Beurteilung des OLG, dass im Hinblick auf die mehr als dreijährige Dauer des Getrenntlebens dem Interesse des (seinerseits in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden) Mannes an der Erzielung eines Versteigerungserlöses der Vorzug zu geben sei, sei nicht zu beanstanden. Diese Einschätzung werde zusätzlich dadurch gestützt, dass die Frau die Immobilie erst seit 2017 bewohne und das gemeinsame Zusammenleben des Paares in der Familienwohnung bis zur räumlichen Trennung kaum ein Jahr gewährt habe.

BGH, Beschluss vom 16.11.2022 – XII ZB 100/22